Ein Tangoball

 

Vom Rio de la Plata an die Donau

 

Tarlo, Boletin del Tango - Nr.: 5, 1. April 1995

 

Im malerischen Regensburg, dem ehemaligen Sitz der Fürsten von Thurn und Taxis, im Zentrum der Altstadt, findet sich im Großen Neuhaussaal am Arnulfplatz eine illustre Gesellschaft ein. Man hat sich schick gemacht, ohne konventionell zu sein. Es herrscht ein gediegenes Ambiente, es wurde nicht gespart mit Stuck und Marmor. Ein exzellenter Tanzboden, umrahmt von nett dekorierten Tischreihen, eine kleine Speisekarte lädt ein zur Stärkung. Die Organisation, unterstützt vom Fremdenverkehrsbüro der Stadt, klappt wie am Schnürchen, der Einlaß, die Gardarobe, auch Reservierungen für Hotel (wir waren zufrieden mit der Unterkunft beim "Fröhlichen Türken") , selbst eine Tiefgarage ist in der Nähe. So streßfrei in Empfang genommen, erfreut ein Tänzchen mit der Gastgeberin Christiane Kröniger von der TANGO-Werkstatt Regensburg, die den Ball zum wiederholten Mal ausrichtet.

Die Attraktion des Abends ist die angekündigte Liveformation aus Berlin, die inzwischen ausgebuchte Konzerte in der Berliner Philharmonie gegeben hat. Es ist die klassische Sextet-Formation "Tango Real, Orchestra Typica de Berlin", die an diesem Abende für ausgesprochen tanzbare Musik sorgt. Die einzelnen Titel kündigt Paul Raackow - als Inspirator des Tango Real primus inter pares - in unaufdringlicher, manchmal humorvoller Weise an und fördert mit seinen Hinweisen zur musikalischen Herkunft, zu ihrer Bedeutung unser Verständnis für die argentinische Kultur. Es tanzt sich doch anders, wenn man weiß, daß der Titel "Papas calientes" eher mit "Heiße Kartoffeln" zu übersetzen ist als mit "Hitzige Papis"..

In den Pausen, die sich die Band redlich erspielt hat, besorgt der Gastgeber selbst die Musik vom Band; eine ohrgängige Auswahl von Tangos, Milongas und Valsecitos, die den direkten Weg die Füße suchen und finden. Sehr angenehm und fördernd auf den Tanzgenuß wirkt sich der ruhige, unaufgeregte Tanzstil aus, der an diesem Abend die Regel ist. Der Saal bietet genügend Platz für die annähernd 200 Tangobegeisterten, die aus der näheren Umgebung, auch aus München angereist sind; aber auch eine Vielzahl altbekannter Gesichter sind dabei, aus Bremen, Hamburg, Berlin. Auf einen Höhepunkt des Abends steuern wir mit dem Auftritt des Tanzpaares zu: Amira, Bs. As. und Michael Domke, Bremen. Sie erfüllen die umdrängte Tanzfläche mit ihrer Phantasie, nehmen uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit des Tango und geben uns einen Hauch von Nostalgie zu spüren. Ein klein wenig Bs. As. an der Donau, die ja schließlich in dasselbe Weltmeer mündet wie der Rio de la Plata. Das Publikum besteht mit seinem reichlich und begeistert gespendeten Beifall darauf, die Akteure - Tanzpaar wie Musiker - erst nach mehreren Zugaben zu entlassen.

Schließlich: Tanz bis in die Morgenstunden, eine Grande Reunion Danzante, ein Termin, den wir uns für das nächste Jahr vormerken müssen!